Interview mit Armin Laschet zum Thema „Killerspiele“

Die Politik diskutiert zur Zeit über die Zukunft der Spiele in Deutschland. Einer der Politiker, der an dieser Frage mitdiskutiert, ist Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration in NRW. Er hat uns einige Fragen zum Thema Jugendschutz beantwortet.

In der Politik wird zur Zeit wild um das Thema Jugendschutz diskutiert. Doch nicht alles was unternommen wird ist gegen die Spieler. Bestes Beispiel dafür ist das Sofortprogramm von Ursula von der Leyen und Armin Laschet. Mit sinnvollen Veränderungen wollen sie den Jugendschutz verbessern. Wir haben uns aus diesem Grund an Herrn Laschet gewannt und Ihm einige Fragen gestellt.

Geekcave: Was sind aus Ihrer Sicht „Killerspiele“?

Laschet: Ich verwende diesen Begriff ungern, weil er sehr allgemein ist und benutzt werden kann, um Stimmung zu erzeugen. Ich bin aber für eine sachliche Debatte.

Geekcave: Die Spieler beschweren sich oft, dass diejenigen, die sehr negativ über Computerspiele urteilen, mangelnde Fachkenntnis besitzen. Was ist dran an diesen Vorwürfen?

Laschet: Ich will über die Fachkenntnisse anderer nicht urteilen. Wichtig scheint mir, dass jene, die viel spielen und über Computerspiele Bescheid wissen, stärker zu Wort kommen sollten als dies bislang der Fall ist. Die Diskussion über das Für und Wider von Computerspielen sollte offener geführt werden.

Geekcave: Angesichts der Tatsache, dass viele Psychologen und selbst Institutionen wie das Kinderhilfswerk der Meinung sind, dass soziale Probleme viel schwerwiegendere Faktoren sind als sogenannten „Killerspiele“: wie groß ist die Schuld solcher Spiele wirklich an Amokläufen wie jüngst in Emsdetten?

Laschet: Alle ernst zu nehmenden Wissenschaftler sagen, dass solche Spiele Amokläufe nicht auslösen können. Unter bestimmten Umständen, bei erheblichen sozialen Problemen oder Isolationsproblemen, können sie eine verstärkende Wirkung haben. Das gilt allerdings nicht nur für Spiele, sondern auch für andere Medien.

Geekcave: Was halten Sie vom bayrischen Gesetzentwurf, der sogenannte „Killerspiele“ völlig verbieten will?

Laschet: Dies halte ich nicht für den richtigen Weg, da die bisherigen Bestimmungen des Strafrechts ausreichen. Sie verbieten Gewalt verherrlichende Spiele und ermöglichen die Beschlagnahme solcher Spiele. Man sollte erst einmal das bestehende Recht anwenden.

Geekcave: Glauben Sie, dass Herr Beckstein mit seinem vorgeschlagenen Gesetzen durchkommt? Wenn ja, wie groß und erfolgreich stellen sie sich den von solchen Gesetzen zu erreichenden Einfluss vor?

Laschet: Zunächst wurde der Vorschlag Bayerns im Bundesrat vertagt. Welche Maßnahmen wirklich nötig sind, wird jetzt eine genauere wissenschaftliche Analyse der Wirkungszusammenhänge zeigen. Bezogen auf eine Änderung des Strafrechts werden vor allem verfassungsrechtliche Aspekte zu prüfen sein. An Spekulationen über die mögliche Wirkung von noch nicht verhandelten Regelungen möchte ich mich nicht beteiligen.

Geekcave: Sind solche „Schnellschüsse“ mit kompletten Verboten nicht nur der Versuch „Stimmen zu fangen“ und die wahren Probleme (nämlich die sozialen) zu umgehen?

Laschet: Nein, das glaube ich nicht. Sie sind zunächst Ausdruck von Betroffenheit über ein Geschehen wie den Amoklauf von Emsdetten. Aber Betroffenheit ist nicht immer der beste Ratgeber.

Geekcave: Ist ein komplettes Verbot nicht ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der erwachsenen Spieler?

Laschet: Schon heute sind bestimmte Spiele oder Filme verboten – wenn sie gegen Strafrechtsnormen (§ 131 StGB) verstoßen und Gewalt verherrlichen. Dies geschieht im Einklang mit dem Grundgesetz. Weitere Einschränkungen könnten das Selbstbestimmungsrecht erwachsener Spieler aber in der Tat einschränken.

Geekcave: In Anbetracht der immer größer werdenden Szene der Schwarz-Kopierer von Software, Filmen und Spielen: wäre ein generelles Verbot des Verkaufs von Killerspielen nicht „nur“ ein weiterer Faktor für Spieler, illegal zu kopieren?

Laschet: Es stimmt, dass heute schon Spiele häufig kopiert werden. Das würde bei einem zusätzlichen Verbot vermutlich zunehmen.

Geekcave: Welche wirtschaftlichen und kulturellen Folgen könnte ein komplettes Produktions- und Vertriebs-Verbot haben?

Laschet: Wie gesagt, an Spekulationen über die mögliche Wirkung nicht vorhandener Regelungen möchte ich mich nicht beteiligen.

Geekcave: Die USK wurde in letzter Zeit von vielen Seiten unter Beschuss genommen. Zu Recht?

Laschet: Nein. Die USK-Gutachter sind qualifizierte Fachleute aus der Jugendarbeit, Schule und anderen Fachgebieten. Die Kritik an der USK beruht überwiegend auf Unkenntnis. Allerdings bin ich der Meinung, dass auch an der USK noch erhebliche Verbesserungen vorgenommen werden können. Wir werden das jetzt angehen.

Geekcave: Der Jugendschutz und die Alterseinstufung von PC- und Videospielen ist in Europa längst nicht so hart wie in Deutschland. Warum reichen die europäischen Standards und Prüfverfahren nicht für Deutschland?

Laschet: Jedes Land hat seine eigenen gesellschaftlichen Traditionen. In den USA und Großbritannien etwa werden Gewaltdarstellungen nicht so kritisch bewertet wie in Deutschland. Dafür ist in den USA die Darstellung von Nacktheit in Filmproduktionen ein Problem, das häufig für öffentliche Debatten sorgt. Kurzum: Im Jugendschutz und seinen Bewertungskriterien zeigt sich ebenso nationale kulturelle Identität wie in Film- und Fernsehproduktionen. Aber auch die Europäische Union spricht inzwischen über gemeinsame Standards.

Geekcave: Sie haben zusammen mit Frau von der Leyen ein Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Ist dieses Programm aus Ihrer Sicht ausreichend oder nur eine vorübergehende Lösung, und welche Verbesserung erhoffen Sie sich durch dieses Gesetz?

Laschet: Das Sofortprogramm bündelt die jetzt notwendigen Änderungen. Dies sind Änderungen im Jugendschutzgesetz, Änderungen bei der USK und Änderungen in der Bereitstellung von Informationen für Eltern und Pädagogen sowie die Verbesserung der Kontrollen. Damit erreichen wir, dass extrem gewalthaltige Spiele von Kindern und Jugendlichen besser fern gehalten und die Alterskennzeichen besser beachtet werden. Schließlich erwarte ich eine bessere Aufklärung der Eltern über das, was ihre Kinder am Computer machen. All das heißt aber nicht, dass kein weiterer Handlungsbedarf mehr besteht. Der Bund und die Länder haben gemeinsam eine Evaluation des Jugendschutzrechts in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse werden im Herbst vorliegen.

Geekcave: Wie wichtig sind die Eltern beim Thema Jugendschutz?

Laschet: Die Eltern spielen eine sehr wichtige Rolle. Denn was nutzen alle Beschränkungen und Regeln für den Handel, wenn Eltern nicht darauf achten, was ihre Kinder sehen oder spielen? Wir brauchen im Jugendschutz heute mehr denn je die aktive Mitarbeit und das verantwortungsbewusste Handeln der Eltern.

Wir möchten uns recht herzlich bei Herrn Laschet und der Presseabteilung des Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration für das Interview bedanken.